Neue Forschungsarbeit von Prof. Michalak der Universität Witten/Herdecke gibt Hinweis auf therapeutische Ansatzpunkte
Fast jeder fünfte Deutsche leidet irgendwann im Leben an einer Depression. Forschungsarbeiten in den letzten Jahren haben gezeigt, dass ein wichtiger Faktor bei Depressionen, spezifische Störungen des Gedächtnisses sind. So erinnern sich Depressive vor allem an Negatives, während Nicht-Depressive sich vor allem an positive Dinge erinnern. Außerdem haben Depressive Schwierigkeiten sich an spezifische Ergebnisse aus ihrem Leben zu erinnern, also etwa konkrete Ereignisse, die an einem Tag und an einem Ort stattgefunden haben. Ihre Erinnerungen sind häufig eher vage und unkonkret.
In einer jetzt veröffentlichten Studie haben Forscher um den Wittener Psychologen Johannes Michalak untersucht, wie sich das Gedächtnis von Depressiven wieder normalisieren lässt. Dazu haben sie auf Qi Gong, Bewegungsübungen aus dem Bereich der Traditionellen Chinesischen Medizin, zurückgegriffen. Vierzig in einer psychiatrischen Klinik behandelte depressive Patienten führten für einige Minuten entweder eine öffnende, nach oben gerichtet Qi Gong Bewegung aus oder eine nach unten gerichtete schließende Qi Gong Bewegung. Michalak „Normalerweise zeigen Depressive eher eine zusammengesunkene Körperhaltung und sie fühlen sich auch körperlich niedergeschlagen. Wir sind daher davon ausgegangen, dass sie von einer Bewegung, die diese Tendenz ausgleicht, also einer nach oben gerichteten Qi Gong Bewegung, profitieren sollten, nicht jedoch von einer nach unten gerichteten Qi Gong Bewegung.“ Diese Idee wurde von einer Vielzahl von Forschungsarbeiten aus der Grundlagenforschung inspiriert, die zeigen, dass Körperhaltung oder -bewegung und psychische Prozesse sich häufig wechselseitig beeinflussen.
In der Studie zeigte sich das erwartete Ergebnis: Depressive, die die nach oben gerichtete Qi Gong Bewegung ausgeführt hatten, erinnerten sich vermehrt an positive Gedächtnisinhalte und hatten auch besseren Zugriff auf spezifische Erinnerung aus ihrem Leben. Michalak: „Dies war natürlich erst mal nur ein kurzes Experiment, mit dem wir zeigen konnte, dass bestimmte aufrichtende Bewegungen sich günstig auf das depressive Gedächtnis auswirken. Es zeigt noch nicht, dass man mit solchen Bewegungen depressive Patienten auch behandeln kann. Aber es sind erste ermutigende Befunde, die nahelegen, dass man die Rolle des Köpers und von ‚antidepressiven’ Bewegungen als möglichen therapeutischen Zugang in Zukunft noch besser erforschen sollte.“
Publikation: Michalak, J., Chatinyan, A. , Chourib, H. & Teismann, T. (2018). The impact of upward vs. downward movement patterns on memory characteristics of depressed individuals. Psychopathology, 51, 326-334., dezember 2018
Quelle: www.deutschesgesundheitsportal.de