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Langzeiteffekte von Akupunktur bei chronischen Schmerzen

Wie eine aktuelle Meta-Analyse zeigt, können Patienten bis zu einem Jahr nach der Akupunkturbehandlung von der schmerzlindernden Wirkung der Nadeltechnik profitieren.

Auf der Basis bisher verfügbarer Daten aus der klinischen Forschung kann Akupunktur als wirksame therapeutische Maßnahme in der Behandlung von Schmerzereignissen im Rahmen chronischer Erkrankungen bezeichnet werden. Wie eine frühere Meta-Analyse des Forscherteams der Acupuncture Trialist Collaboration bereits ermittelte, erzielt Akupunktur im Vergleich mit Placebo-Akupunktur zwar nur kleine, aber signifikante Effekte. Im Vergleich mit keiner oder aber konventioneller Behandlung führt Akupunktur jedoch zu weitaus robusteren und größeren klinisch relevanten Effekten hinsichtlich des primären Endpunkts der Schmerzlinderung. [1]
Insbesondere bei Patienten mit chronischen Schmerzleiden ist die Abwägung der Therapiewahl vor dem Hintergrund möglicher Nebenwirkungen von Schmerzmedikamenten und der entstehenden Kosten für das Gesundheitssystem entscheidend, benötigen die Betroffenen doch eine lebenslange Therapie. Die Fragestellung der Wirkungsdauer von Akupunkturbehandlungen stellt somit einen der zentralen Aspekte für eine Rechtfertigung der Akupunktur als nicht nur effektive, sondern auch langfristig wirksame Therapieoption für Patienten mit chronischen Schmerzen und somit eine das Gesundheitssystem auf ökonomischer Ebene entlastende Behandlungsalternative dar.

Um die Wirkungsdauer von Akupunkturbehandlungen bei Patienten mit chronischen Schmerzen zu ermitteln, führte das Wissenschaftlerteam nun eine Meta-Analyse auf der Grundlage qualitativ hochwertiger randomisierter Studien durch, die längere Nachbeobachtungszeiten zwischen drei Monaten und mehr berücksichtigten. [2] Insgesamt wurden 29 Studien mit 17.922 Patienten eingeschlossen, analysiert wurden letztendlich gemäß der definierten Einschlusskriterien 24 randomisierte Studien mit insgesamt 7.519 Patienten mit chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates (Rückenschmerz in der Lendenwirbel- oder Halswirbelregion, Schulterschmerz, Kniegelenksarthrose) sowie Patienten mit chronischem Kopfschmerz oder Migräne. In den Kontrollgruppen der jeweiligen Studien erhielten die Patienten entweder konventionelle Behandlungsmethoden, Placebo-Akupunktur oder aber keine Therapie. Das Studienkonglomerat setzte sich aus acht Studien mit 2.985 Patienten zusammen, in denen die Kontrolle aus konventionellen Interventionen oder aber keiner Behandlung bestand, sowie 16 Studien, in denen Placebo-Akupunktur als Kontrolle zum Einsatz kam. In schätzungsweise zwei Dritteln der eingeschlossenen Studien bewegte sich die Nachbeobachtungszeit zwischen ein und drei Monaten nach Therapiebeendigung, nur in drei Studien wurden die Patienten ein Jahr oder länger nachbeobachtet.

In den meisten analysierten Studien erhielten die Teilnehmer acht bis 15 Akupunkturbehandlungen in einem Zeitraum von zehn bis zwölf Wochen. Lediglich in einer Studie belief sich die Behandlungsdauer auf 26 Wochen. Im Mittel ergibt sich für die Studien mit einer Nicht-Akupunktur-Kontrolle eine Behandlungsfrequenz von acht Akupunkturbehandlungen über acht Wochen; für die Studien mit einer Placebo-Akupunktur-Kontrolle beträgt der mittlere Wert zehn Behandlungen über einen Zeitraum von sechs Wochen.

Um die in den Studien stark differierenden primären Endpunkte hinsichtlich der Schmerzreduktion vergleichbar zu machen, wurden die Messwerte standardisiert dargestellt. Um in die Analyse aufgenommen zu werden, musste die Messung mindestens zwei Mal nach Beendigung der Behandlungsphase vorgenommen werden. Patientendaten aus Studien, in denen Akupunkturbehandlungen nach Beendigung der Behandlungsphase stattfanden, wurden nicht berücksichtigt. Für die Auswertung der einzelnen Parameter in den einzelnen Studien wie Therapieerfolg, -dauer und –frequenz wurden die individuellen Patientendaten als Grundlage verwendet. Die Berechnungen erfolgten unter Berücksichtigung der Unterschiede im Vergleich der Effekte von Akupunktur mit Nicht-Akupunktur-Kontrollen oder keiner Behandlung bzw. Placebo-Akupunktur.
Die Analyse unter Berücksichtigung potenzieller Unterschiede in Indikation, Behandlungsfrequenz und Schmerzgeschehen kommt zu dem Ergebnis, dass die Effekte von Akupunktur im Vergleich mit Nicht-Akupunktur-Kontrollen, aber auch im Vergleich mit Placebo-Akupunktur, nicht wesentlich über die projizierte Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten nachlassen. Nach Schätzung der Wissenschaftler bleiben 90 Prozent des Behandlungserfolgs durch Akupunkturbehandlungen im Vergleich zur Kontrollgruppe über einen Zeitraum von 12 Monaten erhalten. Bei einer Berücksichtigung des oberen Konfidenzintervalls ergäbe sich immer noch ein Erhalt des Behandlungseffekts infolge von Akupunkturbehandlungen von 70 Prozent. Dieses Resultat ergab sich aber erst, nachdem die Wissenschaftler die drei Studien, die Patienten mit Nackenschmerzen untersuchten, aus der Gesamtanalyse entfernten, um diese separat zu betrachten. Die Unterschiede in Behandlungsdauer und –frequenz bei Nackenschmerzpatienten zu den übrigen Patienten mit chronischen Schmerzen und den daraus resultierenden Ergebnissen hinsichtlich einer langfristigen Schmerzreduktion führten zu einer starken Heterogenität innerhalb der Auswertung. Dies veranlasste die Wissenschaftler zu dem Resümee, dass Langzeiteffekte von Akupunkturbehandlungen bei chronischen Schmerzen lediglich im Rahmen von Rückenbeschwerden im Lendenwirbelbereich, Kniegelenksarthrose sowie chronischem Kopfschmerz und Migräne, aber nicht bei chronischen Nackenschmerzen zu erwarten sind.

Einschätzung
Den Berechnungen im Rahmen der vorliegenden Meta-Analyse zufolge kann durch Akupunkturbehandlungen eine langanhaltende Schmerzreduktion bei Patienten mit chronischen Schmerzen über bis zu zwölf Monate, mit Ausnahme von Nackenschmerzen, erzielt werden. Obwohl die Analyse auf Daten von Studien höchster Qualität beruht, die Berechnungen unter Berücksichtigung der individuellen Patientendaten erfolgten und somit präzisierte Subgruppen-Analysen durchgeführt werden konnten, werden die erhaltenen Resultate durch die Tatsache geschmälert, dass nur acht der 20 analysierten Studien eine Nachbeobachtungszeit von 40 Wochen und mehr beinhalteten. In dem Beobachtungsdetail, dass sich im direkten Vergleich die Behandlungseffekte in den einzelnen Studien mit einer längeren oder kürzeren Nachbeobachtungszeit gleichermaßen als langfristig wirksam zeigten, sehen die Wissenschaftler ihre Schätzungen jedoch legitimiert. Angesichts potenzieller Einsparungen im Rahmen der Langzeitbehandlung von Patienten mit chronischen Schmerzen und der Aussicht auf Reduzierung von Nebenwirkungen durch Schmerzmedikamente sollte die Anwendung bei Akupunktur bei diesen Patienten ernsthaft erwogen werden. Auf Forschungsebene wären weitere Untersuchungen zu Langzeiteffekten von Akupunkturbehandlungen im Rahmen von Studien mit einem längeren Nachbeobachtungszeitraum von mindestens einem Jahr unter Berücksichtigung der Kosten-Nutzen-Relation wünschenswert.

Quelle: https://www.carstens-stiftung.de/artikel/langzeiteffekte-von-akupunktur-bei-chronischen-schmerzen.html

Literatur
1) Vickers AJ, Cronin AM, Maschino AC, Lewith G, MacPherson H, Foster NE, Sherman KJ, Witt CM, Linde K. Acupuncture for chronic pain: individual patient data meta-analysis. Arch Intern Med 2012; 172: 1444-1453 Abstract

2) MacPherson H, Vertosick EA, Foster NE, Lewith G, Linde K, Sherman KJ, Witt CM, Vickers AJ. The persistence of the effects of acupuncture after a course of treatment: a meta-analysis of patients with chronic pain. Pain 2017; 158: 784-793 Abstract

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